Carnoustie
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- Erstellt am Donnerstag, 10. Januar 2013 23:04
- Geschrieben von Marcus
Bildquelle: Copyright by Undiscovered Scotland
Carnoustie liegt an der Mündung des Barry Burn in die Nordsee und hat ca. 11.000 Einwohner, was die Stadt zur viertgrößten in der Region Angus macht. Gegründet wurde Carnoustie im späten 18. Jh. und dank der Textilindustrie wuchs die Stadt im 19. Jh. schnell zur heutigen Größe an.
Seit der Zeit Queen Viktoria's (1837 – 1901) war die Stadt dank ihrer Lage zur See und den guten Golfmöglichkeiten bis in die späte Mitte des 20. Jh. ein beliebtes Touristenziel. Heute ist Carnoustie in erster Linie eine sogenannte „Schlafstadt", also eine Stadt, in die man zum Schlafen nach Hause kommt, während man im nahen Dundee (ca. 18 km) arbeitet. Verkehrsanbindung erfährt die Stadt durch die Bahn und die A92.
Wo der Name Carnoustie herkommt, ist ungewiss. Die einen gehen davon aus, dass er aus dem Gälischen kommt (Ccàrn Fheust = „Festung des Feierns"), während andere eher auf piktische Herkunft tippen (hier bedeutet der Zusatz Caern ebenfalls so viel wie „Festung"). Wieder andere meinen, der Name hätte eine viel spätere, anglikanische Herkunft – Craws Nestie stellt einen naheliegenden Bezug zu der hier lebenden großen Menge an Krähen dar, die auch Teil des Stadtwappens sind. Viele Möglichkeiten – und hier wurden nur drei erwähnt, es gibt noch mehr – aber keine 100%ige Erklärung.
Man kann hier eigentlich nur mit dem Ausschlussverfahren arbeiten, denn gegen die gälische Herkunft spricht, dass es keinen gälischen Namen an sich gibt und dass die Gegend zum Zeitpunkt der Gründung Carnousties rein englischsprachig war. Lassen wir es lieber, wir können die Frage des Namens hier leider nicht klären, aber Fakt ist, dass der Name über Jahrhunderte hier immer wieder in Dokumenten auftaucht.
Die älteste uns bekannte Aufzeichnung steht im Kirchenbuch der Balmerino Abbey, in dem im Jahre 1575 eine Carnoussie Farm verzeichnet wurde. Diese Farm scheint auch auf Landkarten der Jahre 1583 – 1596 auf, hier allerdings unter dem Namen Karnousty. Im Kloster gibt es auch Steuerunterlagen aus dem Jahre 1617, in denen von Carnushie die Rede ist. Carnoustie als Schreibweise taucht erstmals 1703 auf.
Bei so vielen verschiedenen Dokumenten wäre es auch gut möglich, dass hier vielleicht einfach nur der Fehlerteufel sein Unwesen getrieben hat. Außerdem konnten zu diesen Zeiten nur wenige Menschen schreiben und lesen; die Dinge wurden mündlich überliefert und dann von Schriftgelehrten niedergeschrieben. So konnten regional bedingte, unterschiedliche Aussprachen durchaus bei der Niederschrift eine Rolle spielen!
Die Gegend um Carnoustie ist bereits seit Langem bewohnt. Erste Anzeichen dafür, dass sich hier Menschen niederließen sind ein Graben, der aufgrund seiner Beschaffenheit auf das Neolithikum (die Jungsteinzeit, ca. 5550 – 4500 v. Chr.) datiert wird und sogenannte Cup and Ring Marks (Ringe und Vertiefungen, die in Handarbeit in Stein gemeißelt wurden) aufweist, die man in der Umgebung entdeckte.
Weitere Funde stammen aus der Bronze- und der Eisenzeit. In der Nähe von Carnoustie kann man die unterirdischen Überreste der Erdhäuser Carlungie Souterrain und Ardestie Souterrain besichtigen, die aus der Zeit von ca. 200 v. Chr. stammen. Das Ardestie Souterrain wurde 1940 von F. T. Wainright entdeckt und die Ausgrabung dauerte bis 1950 – kurz darauf fand er auch das Carlungie Souterrain. Weitere Zeitzeugen sind die in der Gegend verteilten Brochs (z.B. der Drumsturdy Broch und Craig Hill Broch) und div. Überbleibsel römischer Lager.
Was die piktischen Anzeichen angeht, so ist die Umgebung Carnousties regelrecht übersät von ihnen. Sie alle hier zu erwähnen würde den Rahmen sprengen, gesagt sei nur, dass es zahlreiche Steine aller drei Klassen zu besichtigen gibt.
Erstmals schriftlich erwähnt wurde die Gegend im Mittelalter, als hier im Jahre 1178 die Arbroath Abbey durch William the Lion errichtet wurde. Näher an Carnoustie gelegen sind einige künstlich aufgeschüttete Hügel, auf denen einst Burgen standen (Fachbegriff hierfür ist „Motte") – eine dieser künstliche Wehranlagen liegt bei Old Downie und wird Duncan of Downie (1292) zugeordnet, eine weitere stand bei Grange of Barry und es wird gemutmaßt, dass es hier war, wo William the Lion ein Papier unterschrieb, durch das die Region „Panmure" 1172 in den Besitz von Philip de Valognes überging. Man weiß es nicht genau, aber man geht davon aus, dass die Motte bei Grange of Barry während des 2. Unabhängigkeitskrieges (möglicherweise 1338) zerstört wurde.
Irgendwann zu Beginn des 17. Jh. kam der Landkreis Carnoustie in den Besitz der Familie Alexander und in Dokumenten aus der Mitte dieses Jahrhunderts wurde erstmals ein Ort namens Carnoustie erwähnt. Im Jahre 1680 erwarb Patrick Lyon of Strathmore das Land es sollte bis 1792 im Besitz der Familie bleiben (durch Heirat änderte sich der Name jedoch in Milne).
Dann verkaufte Sir Patrick das Land an den aus Indien zurückgekehrten Major William Phillips, einem ehemaligen Diener des Earl of Panmure für die kleine Summe von 5.000 Pfund. Damals entwickelte sich hier bereits das zarte Pflänzchen der Stoffindustrie, denn die Arbeit an den Webstühlen war leicht zu erlernen. Phillips erkannte das Potenzial der Region, denn durch die Bevölkerungsexplosion Mitte des 18. Jh. stieg die Nachfrage nach Wäsche immer weiter an, so dass es nicht verwunderlich ist, dass Phillips bereits 1797 begann, Teile seines Besitzes zu verpachten. Sein erster „Kunde" war Thomas Lowson, ein ortsansässiger Weber, dessen Beispiel in den nächsten Jahren immer mehr Weber folgten. Phillips' Mut zum neuen Geschäft wurde belohnt und als er 1808 das Anwesen für 11.000 Pfund an George Kinloch verkaufte, zahlte sich seine einstige Investition mehr als aus.
Auch Kinloch trieb die Entwicklung des kleinen Dorfes weiter voran. Es entstanden die ersten Backsteingebäude und er gewährte vielen Menschen Kredit, um sich hier niederzulassen. Bis Mitte des 19. Jh. wuchs so die Bevölkerung auf über tausend Einwohner an, die fast alle in der Leinenproduktion beschäftigt waren. Damals wurde hier so viel Leinen produziert, dass der im Umland angebaute Flachs bald nicht mehr reichte und man aus Riga und St Petersburg weiteren Flachs importierte, um die Webereien mit Rohmaterial zu versorgen.
Aber auch die Landwirtschaft und die Fischerei blühten auf, denn die vielen Menschen wollten ja auch was essen. Die Bauern bauten Kartoffeln, Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen, Rüben und Klee an. Letzteres diente in erster Linie als Futter für das Vieh, das von hier aus nach England exportiert wurde. Die Fischer hatten mit den großen Vorkommen an Lachs, Kabeljau und Schellfisch ebenfalls eine gute Einnahmequelle, die auch mit Hummer und Krabben fast keine Wünsche mehr offen ließ.
Der endgültige Durchbruch erfolgte jedoch 1838, als die Stadt an die Bahnlinie zwischen Dundee und Arbroath angeschlossen wurde. Damals eröffnete direkt an der Bahnlinie eine große Chemiefabrik, die sich auf die Produktion von Schwefelsäure spezialisierte. Schwefelsäure ist der Hauptbestandteil der meisten landwirtschaftlichen Düngemittel, die somit gerade in dieser Region reißenden Absatz fand.
Weitere Fabriken, wie zum Beispiel die von John Winter 1851 errichtete Schuhfabrik, schossen förmlich wie Pilze aus dem Boden. Bis 1874 arbeiteten 200 Menschen für Winter und produzierten rund 2000 Schuhe und Stiefel pro Woche.
Aber auch die „ursprüngliche" Industrie, die Leinenweberei blieb ein fester Bestandteil der Stadt. James Smieton eröffnete 1857 eine rundum modernisierte Leinenfabrik, in der fortan 600 Mitarbeiter beschäftigt waren. Sie produzierten an den 400 Webstühlen die unglaubliche Menge von fast 5,5 Millionen m Leinen und Jute pro Jahr.
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